Codes im Arbeitszeugnis sind wichtig für die Auswertung.  © mirsad sarajlic / Getty Images

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Vorsicht bei freundlichen Formulierungen: Die Wahrheit hinter Arbeitszeugnis-Phrasen

"Mit seinen Vorgesetzten ist er gut zurechtgekommen" – oder doch nur ein Mitläufer? Lies zwischen den Zeilen deines Arbeitszeugnisses und erfahre, was wirklich dahinter steckt.


Du hast Deinen Job gekündigt, räumst Deinen Platz leer für die nächste Person und verlässt mit Deinen Sachen die Firma. Das Ende eines Arbeitsverhältnisses kann für die einen traurig enden und für die anderen eine Befreiung sein. Doch bevor Du Dich komplett von dem Unternehmen lösen kannst, steht Dir gemäß § 109 der Gewerbeordnung ein Arbeitszeugnis zu. Natürlich kannst Du hier noch einmal unterscheiden zwischen dem einfachen Zeugnis und dem qualifizierten Zeugnis. Das einfache Zeugnis bestätigt lediglich Dein Arbeitsverhältnis im Unternehmen und das qualifizierte Zeugnis zielt auf Deine Leistungsbewertung ab.

Viele Orasnge und grüne Fragezeichen mit orangem Hintergrund © Hector Roqueta Rivero / Getty Images
Auf den ersten Blick klingt jedes Arbeitszeugnis positiv. Wer jedoch genauer hinsieht, erkennt die Feinheiten, die ein gutes von einem schlechten Zeugnis unterscheiden. Folgendes ABC der Zeugnissprache hilft Dir, Dein Arbeitszeugnis richtig zu verstehen beziehungsweise selbst zu formulieren. 

Laut dem aktuellen Arbeitsrecht dürfen negative Bemerkungen im Zeugnis nicht erwähnt werden. So manches Zeugnis klingt dadurch in den Formulierungen fast nach etwas zu viel Begeisterung. Jedoch bedeutet dies nicht, dass Dein ehemaliger Arbeitgeber der Meinung ist, dass Du im Unternehmen ein Ultra-Performer warst. Denn laut Rechtsprechung sollte ein abschließendes Zeugnis "wohlwollend" formuliert werden, damit für Dich der Einstieg in einen neuen Job gefördert wird und Dir keine Steine in den Weg gelegt werden. Somit wird Dein früherer Arbeitgeber niemals Klartext sprechen im Arbeitszeugnis.

Vorsicht! Geheim Code!

Es gibt eine geheime Sprache unter Personalchefs, die nur für "Beteiligte Personen" zu verstehen ist. Formulierungen, die auf den ersten Blick total positiv erscheinen, beinhalten in Wirklichkeit versteckte Botschaften über ungewöhnliches oder sogar unangemessenes Verhalten. Die gute Nachricht: Hinter diesen unbekannten Botschaften stecken standardisierte Sätze, die sich schnell entschüsseln lassen. 

Beispiele für Formulierungen: 

  1. "Als umgänglicher Kollege wurde er geschätzt."
    Bedeutung: Es handelt sich um einen schwierigen Mitarbeiter.
  2. "Für die Belange der Belegschaft bewies Sie immer Einfühlungsvermögen."
    Bedeutung: Sie suchte sexuelle Kontakte im Kollegenkreis.
  3. "Mit seinen Vorgesetzten ist er gut zurechtgekommen."
    Bedeutung: Er war ein Mitläufer und Ja-Sager, der sich gut verkaufen kann.
  4. "Er verfügt über Fachwissen und hat ein gesundes Selbstvertrauen."
    Bedeutung: Er Überspielt mit Arroganz sein mangelndes Fachwissen
  5. "Er zeigte stets Engagement für Arbeitnehmerinteressen außerhalb der Firma."
    Bedeutung: Er hat an Streiks teilgenommen.
  6. "Sie hat mit ihrer geselligen Art zur Verbesserung des Betriebsklimas beigetragen."
    Bedeutung: Sie hat Alkoholprobleme. 
  7. "Sie trat engagiert für die Interessen der Kollegen ein."
    Bedeutung: Sie war Mitglied des Betriebsrats.
  8. "Er trat sowohl innerhalb als auch außerhalb unseres Unternehmens engagiert für die Interessen der Arbeitnehmer ein."
    Bedeutung: Er war gewerkschaftlich aktiv.
  9. "Sie machte sich mit großem Eifer an die ihr übertragenen Aufgaben."
    Bedeutung: Trotz Fleiß hatte er keinen Erfolg.
  10. "Sie zeigte Verständnis für ihre Arbeit."
    Bedeutung: Sie brachte keine Leistung.
  11. "Er erledigte alle Aufgaben pflichtbewusst und ordnungsgemäß."
    Bedeutung: "Er war ein Bürokrat ohne Eigeninitiative"
  12. "Sie verstand es, alle Aufgaben mit Erfolg zu delegieren."
    Bedeutung: Sie drückte sich vor der Arbeit.
  13. "Er war seinen Mitarbeitern jederzeit ein verständnisvoller Vorgesetzter."
    Bedeutung: Er besaß keine Durchsetzungsstärke und wurde nicht respektiert.
  14. "Er koordinierte die Arbeit seiner Mitarbeiter und gab klare Anweisungen."
    Bedeutung: Er beschränkte sich auf Anweisen und Delegieren.
  15. "Sie hat alle Aufgaben in ihrem und im Firmeninteresse gelöst."
    Bedeutung: Sie hat Firmeneigentum gestohlen.
  16. "Im Umgang mit Kollegen und Vorgesetzten zeigte er durchweg eine erfrischende Offenheit."
    Bedeutung: Er war sehr vorlaut.
  17. "Ihre umfangreiche Bildung machte sie zu einer gesuchten Gesprächspartnerin."
    Bedeutung: Sie führte lange Privatgespräche.
  18. "Seine Auffassungen wusste er intensiv zu vertreten."
    Bedeutung: Er hat ein übersteigertes Selbstbewusstsein
  19. "Er zeichnete sich insbesondere dadurch aus, dass er viele Verbesserungsvorschläge zur Arbeitserleichterung machte."
    Bedeutung: ..die aber nicht umgesetzt werden konnten.
  20. "Wir bestätigen gerne, dass er mit Fleiß, Ehrlichkeit und Pünktlichkeit an seine Aufgaben herangegangen ist.
    Bedeutung: Ihm fehlte die fachliche Qualifikation.

Digital erzeugtes Bild von abstrakten würfelförmigen mehrfarbigen Diagrammen, die miteinander verbunden sind und ein großes Muster bilden © Andriy Onufriyenko / Getty Images
Du glaubst, Dein Arbeitszeugnis liest sich wie ein Bestseller? Denk nochmal nach! Es könnte voller versteckter Botschaften sein, die Deine Karrierechancen zum Einsturz bringen könnten. 

Schulnoten ahoi!

Die Beurteilung der Leistung in Arbeitszeugnissen variiert erheblich und kann subtile, aber bedeutende Unterschiede in der Formulierung aufweisen. Eine Skala von "vollster Zufriedenheit" bis zu einer eher allgemeinen Zufriedenheit wird häufig verwendet. Hier sind die entsprechenden Noten, wenn man sie in Schulnoten umwandeln würde:

  1. Die Aufgaben wurden stets zu unserer vollsten Zufriedenheit erledigt." Bedeutung: Note 1 (sehr gut)

  2. "Die Aufgaben wurden stets zu unserer vollen Zufriedenheit erledigt." Bedeutung: Note 2 (gut)

  3. "Die Erledigung der Aufgaben erfolgte stets zu unserer Zufriedenheit." Bedeutung: Note 3 (befriedigend)

  4. "Die Aufgaben wurden zu unserer Zufriedenheit erledigt." Bedeutung: Note 4 (ausreichend)

  5. "Die Aufgaben wurden im Großen und Ganzen zu unserer Zufriedenheit erledigt." Bedeutung: Note 5 (mangelhaft)

  6. "Er hat versucht, die Aufgaben zu unserer Zufriedenheit zu erledigen." Bedeutung: Note 6 (ungenügend)

Wenn Dein Arbeitszeugnis mit unzulässigen Formulierungen gespickt ist, solltest Du es genau überprüfen. Formale Fehler müssen korrigiert werden, und auch der inhaltliche Aspekt sollte kritisch betrachtet werden. Dein Arbeitgeber ist verpflichtet, ein Arbeitszeugnis ohne fiese oder doppeldeutige Aussagen auszustellen, selbst wenn es zwischen euch zu Konflikten kam. Sollte Dein Arbeitgeber nicht bereit sein, unzulässige Formulierungen zu entfernen, könnte professionelle Hilfe in Erwägung gezogen werden. Eine Klage ist möglich, wenn ein Experte die unangemessenen Formulierungen bestätigt.

Veröffentlicht
06.12.2023

Author:in
Tatjana Junker