Jobsharing Bewerbung zu zweit

©Tom Merton / Getty Images

Jobsharing: Wie funktioniert die Bewerbung zu zweit?

Zwei Mitarbeiter zum Preis von einem - das Modell "Jobsharing" macht es möglich. Nur, wie bewirbt man sich eigentlich dafür?


Sie wollen raus aus der Tretmühle ihres 40plusX-Stunden-Jobs, möchten mehr Zeit für ein Ehrenamt, eigene Projekte und die Familie haben oder nebenbei eine eigene Firma aufbauen? Immer mehr Deutsche wünschen sich, weniger zu arbeiten, am liebsten nur 31,3 Stunden in der Woche, wie eine Befragung der Hamburger Körber-Stiftung ergab. Doch in den meisten anspruchsvollen Jobs ist das nicht drin – und die Teilzeit-Jobs, die auf dem Markt sind, bringen vielen zu wenig Verantwortung und ein zu geringes Gehalt.

Christoph Karsten sagt: „Ein klassischer Vollzeitjob bietet mir auch zu wenig Flexibilität für all die anderen Dinge, die ich in meinem Leben gern realisieren will, die mich aber finanziell nicht voll tragen.“ Zusammen mit Nicolas Woldmann war er früher bei einer Unternehmensberatung, inzwischen haben die beiden eine kleine Firma gegründet. Woldmann unterrichtet nebenbei, Karsten ist Mitgründer einer kleinen Beratungsfirma. Einen 40-Stunden-Job wollten und konnten sie da nicht mehr machen.

„Da wir uns beide aber ein gewisses finanzielles Grundrauschen wünschen, ist Jobsharing für uns das ideale Modell“, sagt Karsten. Die beiden kamen also auf die Idee, wieder in ihrem alten Job zu arbeiten – und bewarben sich einfach zu zweit auf eine Stelle. Es hat funktioniert: Claudio Felten, ihr Chef bei cmx consulting ist stolz auf sein einzigartiges Berater-Tandem: „Ich würde es jederzeit wieder machen. Natürlich läuft noch nicht alles rund, aber das war nach sechs Monaten auch nicht der Plan“, sagt er. Die Abstimmung zwischen den beiden klappt jedenfalls problemlos: „Da wir früher schon zusammengearbeitet haben, wissen wir, wie der andere tickt und das hilft enorm“, sagt Nicolas Woldmann.

Jobsharing ist nicht nur was für Mütter

Anders als viele andere Jobsharer verfolgen sie nicht das Konzept „Montag ich, Dienstag du, usw.“ sondern sind je nach Bedarf im Einsatz. „Wenn in einem unserer Projekte die Hütte brennt, hat der Kunde mit uns zwei Berater, die kurzfristig zusammen auch mal bis zu 200 Prozent geben können. Das kann er mit einem Vollzeit-Berater nicht bekommen. Und wenn es dann ruhiger ist, ist dafür auch mal ein paar Tage lang keiner von uns hier im Einsatz“, sagt Karsten. Nur erreichbar müssen sie immer sein: Dafür gibt es eine „Tandem“-Mailadresse mit den Namen der beiden.

Chef Felten sagt: „Ich muss und will ja auch nicht am Montagnachmittag nachdenken müssen, wer gerade im Einsatz ist.“ Das Tandem sorgt dafür, dass es wie eine Person funktioniert. „Alle Beteiligten müssen lernen, dass man die beiden wie einen Mitarbeiter betrachtet“, so Felten. Woldmann und Karsten sind jedenfalls sicher, dass alle nur profitieren können: „Mit einem Tandem kriegt man eine eierlegende Wollmilchsau, die einem eine Einzelperson nicht bieten kann. Zwei Persönlichkeiten mit ihren Werten , Erfahrungen, Talenten und Fähigkeiten kriegen Sie zum Preis von einer“, sagt Nicolas Woldmann.

Laut Jana Tepe von Tandemploy sind die beiden ein gutes Beispiel dafür, dass Jobsharing nicht nur was für Mütter ist, die mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen wollen – und dass das Modell sogar in einem Job wie der Unternehmensberatung funktioniert. Zusammen mit ihrer Kollegin Anna Kaiser hat sie 2013 die Jobsharing-Plattform gegründet, auf der sich Menschen anmelden können, die sich gerne einen Job teilen würden.

Ein Algorithmus findet dann heraus, wer zusammenpassen könnte und die Tandems können sich bei den Unternehmen, die sich ebenfalls angemeldet haben, bewerben. „Wir haben eine Männerquote von 30 Prozent: Mehr Zeit für die Familie ist nur eines von vielen Motiven. Viele haben eigene Projekte oder wollen einfach nicht 40 Stunden in einem einzigen festen Job verbringen.“

Zwei Frauen und ein Mann in Business-Kleidung gehen durchs Büro. © Luis Alvarez / Getty Images
Teilen sich zwei eine Stelle, ist von Jobsharing die Rede. Namhafte Unternehmen schreiben sich ihre Tandems gerne groß auf die Marketing-Fahne. Bleibt es bei Einzelfällen in Spitzenpositionen? 

Zwei Bewerber, ein Anschreiben

Für wen Jobsharing eine echte Alternative dazu ist, dem rät Tepe, sich auf jeden Fall nach der Kontaktaufnahme auch persönlich zu treffen. „Wenn man darüber nachdenkt, mit welchen Kollegen bislang Teamwork gut geklappt hat, kann man prüfen, ob der potentielle Tandempartner ein ähnlicher Typ ist“, sagt Tepe. Auch Nicolas Woldmann sieht das so: „Auf jeden Fall sollte man sich gut kennenlernen. Uns hilft es total, dass wir schon zusammengearbeitet haben: Ich weiß, wo meine Stärken liegen und was Christoph super macht“, sagt Woldmann. Jana Tepe rät, das auch in der Bewerbung schon herauszustellen: „Man kann zum Beispiel ein gemeinsames Deckblatt machen, auf dem man schon die gemeinsamen Stärken hervorhebt, die das Unternehmen mit den beiden Persönlichkeiten bekommt.“

Auch das Anschreiben sollte gemeinsam verfasst sein – beim Lebenslauf sollte man sich auf zwei kurze getrennte konzentrieren, bevor es kompliziert wird. „Außerdem sollte man schon beschreiben, wie man sich die Aufteilung und Absprache konkret vorstellen könnte und dass man sich bei Krankheit oder Ausfall nach Möglichkeit vertreten würde – ein unschlagbarer Vorteil gegenüber einem einzelnen Angestellten.“ Wer befürchtet, dass unmöglich zwei Personen alle Anforderung aus der Stellenausschreibung erfüllen können, den kann Tepe beruhigen: „Sie müssen sogar nur zusammen das Profil erfüllen: Vielleicht ist einer analytisch, einer kreativ, zusammen sprechen sie fünf Sprachen – das kann einer allein oft nicht leisten.“

Viele Unternehmen würden noch nicht einmal explizit nach einem Tandem suchen – sie fänden schlicht niemanden, der alles, was die Stelle fordert, alleine kann. Dadurch ergibt sich auch, dass Jobsharer nicht unbedingt eine halbe Stelle und halbes Gehalt haben müssen: „Oft gibt es auch zwei Mal 30 Stunden oder andere Modelle. Viele Konstellationen gehen über die 40 Stunden hinaus, denn wer sagt, dass jeder Job genau in 40 Stunden pro Woche zu erledigen ist?“

"Die Leute weinen, weil der Job nicht mehr zu ihrem Leben passt"

Beim Tandem Karsten-Woldmann ist es trotz Unternehmensberatung die klassische 20 Stunden-Aufteilung. Ihr Chef Claudio Felten kann sich jedoch auch andere Modelle vorstellen: „Ich glaube, dass wir in der modernen Arbeitswelt nicht darum herumkommen, flexible Arbeitszeiten anzubieten. Die Menschen werden das einfordern. Bei mir sitzen Leute im Büro, die weinen, weil sie uns verlassen, sie wollen den Job machen, aber das Beraterleben passt nicht mehr zu ihrem Leben. So verlieren wir die besten Leute.“ Mit dieser Erkenntnis ist Felten nicht alleine: Jana Tepe und Anna Kaiser von "Tandemploy" sind gerade mit 20 der DAX-30-Unternehmen im Gespräch über ihre neue Software „Flexwork“: „Beiersdorf und RWE benutzen sie schon, bald kommen noch mehr dazu:

Die Firmen haben sich von außen Jobsharing-Partner reingeholt, jetzt wollen sie die Möglichkeit aber auch den eigenen Mitarbeitern aufzeigen“, sagt Tepe. Dass die Partner perfekt zusammenpassen, ist auch hier das A und O, schließlich sitzen sie im selben Boot: „Wir werden beide befördert oder keiner. Und wir werden beide gefeuert oder keiner“, sagt Christoph Karsten. 


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Veröffentlicht
31.01.2017