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Gelangweilte, hochnäsige Personaler, fiese Fragen - ein schreckliches Bewerbungsgespräch haben wohl viele Jobsuchende schon erlebt. Unser Experte Bernd Slaghuis zeigt, wie Sie so eine Situation überstehen können.
„Der Rat der Weisen“ von Bewerbung.com ist eine Gruppe hochkarätiger Personal- und Karriereexperten, die regelmäßig Tipps rund um Bewerbung, Gehalt und Karriere geben. Unser Weiser Bernd Slaghuis* beantwortet in dieser Folge eine oft gestellte Frage:
Bernd Slaghuis: "Zunächst erst einmal meinen Glückwunsch, wenn Sie es überhaupt bemerken. Schließlich haben die meisten Bewerber in dieser stressigen Gesprächssituation ausschließlich Augen für sich, ihre Körperhaltung und das Aufsagen der passenden Antworten zu Lebenslauf, Wechselmotiven und Schwächen. Finden Sie Ihr Gegenüber also schrecklich, dann gibt es zumindest eine Beziehungsebene, das ist gut. Denn Ihr Gefühl ist das Ergebnis der eigenen Bewertung dessen, was Sie von Ihrem Gesprächspartner wahrnehmen. Finden Sie im Gespräch heraus, was genau es ist, das Sie als schrecklich empfinden: Haben Sie das Gefühl, dass Ihr Gesprächspartner überheblich ist und mit Ihnen nicht auf Augenhöhe spricht oder schleimt er sich gar bei Ihnen ein? Hat es etwas mit dem Erscheinungsbild oder der Körpersprache zu tun, der speziellen Wortwahl oder der Lautstärke der Stimme, der Art der Fragen, der Verhaltensweise Ihnen oder den eigenen Kollegen gegenüber, der persönlichen Haltung oder Denkweise oder ist etwas anderes, woran Sie „schrecklich“ festmachen? Vielleicht erinnert sie oder er Sie auch an jemanden, mit dem Sie negative Erfahrungen oder Gefühle verbinden? Gehen Sie den Ursachen für Ihre Bewertung auf den Grund, um entscheiden zu können, was dies für das weitere Gespräch bedeutet und was es vielleicht später mit Ihrer Job-Entscheidung als Bewerber zu tun hat.
Denn nur weil Ihr Gesprächspartner Sie an jemanden erinnert, muss er nicht die gleichen schrecklichen Eigenschaften haben. Nur weil sich Ihr vielleicht neuer Chef merkwürdig ausdrückt oder anders als erwartet aussieht, kann er oder sie trotzdem eine gute Führungskraft sein. Vielleicht ist Ihr Gegenüber auch genauso angespannt wie Sie und im normalen Arbeitsalltag ganz anders. Hinterfragen Sie Ihre Wahrnehmung und die eigenen Bewertungsmaßstäbe kritisch und gehen Sie auf Entdeckungsreise. Schauen Sie genauer hin und vielleicht finden Sie ja auch etwas Liebenswertes bei diesem Menschen, das zwischen Ihnen beiden wieder einen guten Draht herstellen kann. Kommen Sie zu dem Ergebnis, dass Ihr Gesprächspartner Ihnen wirklich unsympathisch ist oder Sie das Verhalten so nicht akzeptieren möchten, dann entscheiden Sie, wie Sie damit in der Bewerbungssituation umgehen. Augen zu und Schauspiel oder ansprechen, was Sie stört? Liegt Ihnen viel an dieser Stelle und fehlt Ihnen etwa die Augenhöhe im Gespräch, dann machen Sie Ihr Gegenüber darauf aufmerksam und sprechen Sie aus, was Sie sich für den weiteren Gesprächsverlauf anders wünschen. Sind Sie sich nach dem Gespräch sicher, dass Sie später mit diesem Chef oder Kollegen nicht zusammenarbeiten möchten, dann dürfen auch Sie Ihre Bewerbung zurückziehen und absagen." *Der Weise: Karriere- und Business-Coach Dr. Bernd Slaghuis (www.bernd-slaghuis.de) ist Experte für berufliche Neuorientierung, Bewerbung und gesunde Führung. Als Vorstandsassistent und ehemalige Führungskraft kommt er aus der Praxis. Der Systemische Coach und promovierte Ökonom steht für ein neues Karriere-Verständnis. Seit 2011 arbeitet er in seinem Kölner Büro mit Angestellten und Führungskräften an ihren nächsten Schritten im Beruf und mit Bewerbern an ihrer individuellen Bewerbungsstrategie. Sein Blog „Perspektivwechsel“ zählt zu einem der meistgelesenen Karriere-Blogs in Deutschland. Er ist XING Branchen-Insider, Kolumnist und Gastautor für diverse Karriere- und Management-Magazine. Slaghuis hält deutschlandweit Vorträge, moderiert Workshops und gibt Seminare.
Service-Info: Ein Bewerbungsgespräch ähnelt einer Wundertüte - man weiß nie genau was auf einen zukommt und wer vor Ihnen sitzen wird. Sie für Ihren Teil können sich aber entsprechend vorbereiten, z. B. mit unserer gratis Checkliste, die Ihnen verrät worauf der Personaler im Gespräch mit seinen Fragen abzielt.
Veröffentlicht
25.06.2017