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„Purpose“ im Job: Arbeit muss Spaß machen und sinnstiftend sein, lautet die weit verbreitete Überzeugung. Aber stimmt das überhaupt? Und wenn ja, wie kannst Du Deinen individuellen Purpose finden?
Zweck, Beweggrund, Mission, Absicht, Sinn, Motivation – es gibt viele mögliche Übersetzungen für das, was mit dem Purpose im Job gemeint wird. Schlussendlich bedeuten sie alle nichts anderes, als dass Du eben nicht (nur) des Geldes wegen tagtäglich zur Arbeit gehst, sondern darin einen tieferen Sinn siehst. Arbeit soll Spaß machen, wird in diesem Zuge immer wieder behauptet, denn wer das macht, was er liebt, der müsse nie wieder arbeiten. Es gibt also viele Floskeln rund um das Thema, die in der Arbeitswelt kursieren. Doch in der Realität sieht die Sache anders aus, zumindest manchmal. Es lohnt sich daher ein genauerer Blick auf den sogenannten Purpose.
In der Theorie klingen all diese Floskeln gut. Wenig verwunderlich ist daher, dass der Purpose für viele Menschen eine wichtige Rolle im Berufsleben spielt, vor allem bei den jüngeren Generationen Y und Z. Eine Studie von BetterUp kam diesbezüglich zu dem Ergebnis, dass 90 Prozent der Befragten bereit wären, für eine Arbeit, die sie als sinnstiftend empfinden, weniger Gehalt zu akzeptieren. Bis zu 23 Prozent weniger Einkommen wäre für sie in Ordnung. Zwar wurde die Studie in den USA durchgeführt, doch ähnliche Tendenzen lassen sich auch in Deutschland erkennen. Laut der XING Gehaltsstudie 2019 würden nämlich auch in Deutschland die Arbeitnehmer für einen Job mit Purpose ein geringeres Gehalt akzeptieren. Ein Trend, der von den Unternehmen nicht unbemerkt bleibt. Für die Mitarbeitergewinnung und -bindung entwickeln daher auch immer mehr Arbeitgeber einen solchen Purpose und geben den Mitarbeitern sozusagen den Sinn in ihrer Arbeit vor.
Das Problem an der Sache ist: Den Purpose vorzugeben, funktioniert nur bedingt. Viel wichtiger ist nämlich, dass jeder selbst einen Sinn in seiner Tätigkeit findet. Die Frage, ob der Purpose wichtig ist und wie er im eigenen Fall aussieht, kannst Du daher nur individuell beantworten. Durchaus wäre es für zahlreiche Menschen eine Belastung, Tag für Tag einer Arbeit nachzugehen, die sie als sinnfrei empfinden – oder die, schlimmer noch, sogar gegen die eigenen Werte verstößt. Dadurch kann sich ein innerer Widerstand gegen den Job entwickeln, der nicht nur eine fehlende Motivation nach sich ziehen, sondern sogar Erkrankungen wie ein Burnout-Syndrom fördern kann. Die Betonung liegt aber auf „Kann“, denn ein Muss ist das nicht. Es gibt ebenso viele Personen, für die es vollkommen in Ordnung ist, hauptsächlich oder ausschließlich des Geldes wegen zu arbeiten. Das Geld selbst wird dabei zum Purpose. Fakt ist also: Der Purpose im Job ist wichtig. Jeder Mensch hat, bewusst oder unbewusst, einen solchen Purpose. Er treibt Dich an, am Morgen überhaupt aufzustehen und zur Arbeit zu gehen. Wie dieser aussieht, ist jedoch höchst individuell.
Es sind oft altruistische Werte, die von Arbeitnehmern und auch Arbeitgebern als Purpose angepriesen werden. Anderen Menschen zu helfen, das Klima zu schützen, den technologischen Fortschritt voranzutreiben, die Welt ein Stück besser zu machen – so oder so ähnlich kann Dein Sinn in der Arbeit aussehen. Muss er aber nicht! Ebenso können Deine Ziele sein, Deine Familie zu versorgen, ein finanziell sorgenfreies Leben zu führen, Anerkennung im Beruf zu erhalten oder schlichtweg möglichst viel Geld zu verdienen. Der Purpose muss sich somit nicht immer auf das große Ganze beziehen, sondern kann auch nur für Dich gelten, selbst wenn das egoistisch klingt. Welche Bestimmung Du in Deiner Arbeit siehst, darfst Du also selbst entscheiden und dabei musst Du keinen gesellschaftlichen Konventionen folgen. Das Thema Purpose wird somit oft missverstanden. Ziel sollte sein, dass Du selbst herausfindest, was Dich motiviert. Aber wie?
Fakt ist: Nicht jeder Mensch kann einem maximal sinnvollen Job nachgehen. In der heutigen Zeit gibt es viele Arbeitsplätze, die nur ein kleines Zahnrad im Uhrwerk darstellen und per se keinen tieferen Sinn haben. Nicht jeder kann die Welt retten. Und sowieso kann das nicht jeden Tag passieren. Die Erwartung, dass Du jeden Abend nach Hause kommst und das Gefühl hast, heute etwas zutiefst Sinnvolles getan zu haben, ist daher nicht realistisch. Stattdessen ist es ratsam, zwar einen grundlegenden Sinn in der eigenen Tätigkeit zu finden, aber dieser darf – wie bereits erwähnt – auch ganz klein sein und er muss nicht jeden Tag bestehen. Wenn Du Dich also fragst, wie Du einen Job mit Purpose findest, solltest Du erst einmal den Druck aus der Sache nehmen. Denn viele Menschen suchen zwanghaft nach ihrer Berufung, für die sie jeden Morgen freudig aus dem Bett springen. Leider ist diese Erwartung eben in den meisten Fällen unrealistisch. Stattdessen können Dir folgende Fragen dabei helfen, einen individuellen Purpose zu finden:
Solche oder ähnliche Fragen solltest Du Dir stellen, um herauszufinden, was Du Dir vom Berufsleben versprichst. Wie bereits erwähnt, möchten manche Menschen die Welt verbessern und andere einfach möglichst viel Zeit für die Familie haben. Alle Antworten sind in Ordnung. Eine solche Selbstreflexion hilft Dir dabei, eine individuelle Motivation zu finden – und anschließend den Beruf beziehungsweise Arbeitgeber, der dazu passt.
Einen guten Ansatzpunkt für Deine Wahl stellen Deine Stärken sowie Talente dar. Überleg also, was Dir leicht fällt und Spaß macht. Ja, Arbeit darf durchaus Spaß machen. Zudem sollte sie Dich fordern, aber nicht überfordern. Wenn Du also einen Beruf gefunden hast, bei dem Du Deine Potenziale optimal entfalten kannst und der Dir zugleich die Rahmenbedingungen bietet, die Dir wichtig sind, beispielsweise flexible Arbeitszeiten oder ein hohes Einkommen, hast Du bereits einen großen Schritt in die richtige Richtung gemacht. Anschließend kannst Du einen individuellen Purpose finden. Er muss also nicht am Anfang Deiner Entscheidung stehen, sondern kann auch der letzte Schritt sein. Manchmal reicht es nämlich, die Perspektive zu wechseln und eine neue Sichtweise auf die eigene Arbeit zu erlangen. Sei es, die Kunden glücklich zu machen. Sei es, mit Kollegen zusammenzuarbeiten, die Deinen Tag lustiger machen. Sei es, eine Führungsposition zu erlangen. Sei es, Technologien zu entwickeln, die dem Klimaschutz dienen. Jeder kann einen Purpose in der eigenen Tätigkeit finden, wenn er genau hinsieht.
Sollte das bei Dir hingegen nicht der Fall sein, ist es durchaus sinnvoll, einen Jobwechsel oder eine berufliche Umorientierung in Erwägung zu ziehen. Wenn es nämlich nichts mehr gibt, das Dich zur Arbeit motiviert, oder sie sogar zur Belastung wird, verbessert auch ein erzwungener Purpose die Situation nicht. Schlussendlich musst Du selbst prüfen, wie zufrieden Du im Arbeitsleben bist und was Dich antreibt. Einen Sinn in der eigenen Tätigkeit zu sehen, ist somit wichtig. Trotzdem sollte das Thema relativiert werden. Der Purpose ist „nice-to-have“, aber Du musst nicht die Welt verbessern, um im Beruf glücklich zu sein. Er kann daher auch individuell und vielleicht ganz bescheiden sein. Hauptsache, Du bist grundlegend zufrieden mit der Arbeit. Darum geht es schlussendlich, denn nur dann wirst Du auch langfristig gesund bleiben und erfolgreich sein. Der Purpose im Job muss nicht Deinem ganzen Leben einen Sinn geben, sondern diesen darfst und solltest Du unabhängig vom Beruf suchen. Ansonsten bedeutet ein eventueller Jobverlust auch, dass Du keinen Sinn mehr im Leben hättest – und damit wäre der Purpose im Job definitiv überbewertet.
Veröffentlicht
27.01.2021