Hanspeter Mürle Vorstand Ravensburger AG

©Ravensburger / Bewerbung.com

"Mein Start": Mit Mut zu großen Sprüngen

Hanspeter Mürle ist Vorstand der Ravensburger AG. Bis er zu dem weltweit renommierten Spielehersteller kam, erlebte er eine überaus interessante und abwechslungsreiche Karriere - über die er in dieser Folge unserer Serie "Mein Start" berichtet.


„Nach der Schule habe ich mir gewünscht, später einen Beruf mit internationaler Ausrichtung zu haben. Mein Vater war Vertriebsleiter im Export und hat mich als Teenager öfter auf Reisen in verschiedene Länder mitgenommen. Zum Beispiel nach Paris oder London, aber auch nach USA, Indien und Japan. Das hat mich begeistert! Ich entschied mich für ein BWL Studium in Mannheim, weil die Uni dort einen sehr guten Ruf hat. Mein Studium sollte möglichst breit gefächert sein und nicht zu spezialisiert. Ich wollte nach meiner Ausbildung unbedingt viele Möglichkeiten haben. Ich denke, so jung kann man sich oft noch nicht festlegen. Auf dieses Breitgefächerte habe ich bei der Auswahl meiner Fächer auch geachtet. Internationales Management beispielsweise war damals Anfang der 1990er Jahre eine recht neue Fachrichtung. Ich hab mich sofort dafür entschieden – und viel gelernt. Es wurden viele Managementthemen auf internationaler Ebene gelehrt - das fand ich spannend und interessant. Heute sind viele Studiengänge so extrem spezialisiert, das finde ich zu einseitig.

"Es gibt da eine Sache, die ich bereue"

Meine ersten Bewerbungen habe ich noch vor Ende meiner Diplomarbeit losgeschickt. Es waren nur drei. Denn ich hatte Glück und erhielt von Siemens in München gleich eine Einladung zum Gespräch. Ich kann mich gut an die beiden Bereichsleiter, die das Gespräch führten, erinnern. Nach einem etwa 10-minütigem Gespräch gaben sie mir einen Business Case, den ich bearbeiten sollte, anschließend beantwortete ich Fragen dazu. Zudem wollten sie meine Fremdsprachenkenntnisse testen und sprachen teils auf Englisch mit mir. Ich war anfänglich nervös, aber die Chemie stimmte gleich. Die Atmosphäre war angenehm. Nach etwa einer Stunde sagten sie mir ‚ok, das war gut’ und schickten mich weiter zur Personalabteilung. Dort wurde dann mehr meine Persönlichkeit „getestet“. Das war für mich der erste Test dieser Art, aber auch das verlief positiv. Ein paar Wochen später war der Arbeitsvertrag da. Das war eine glückliche Situation, denn viele meiner Kommilitonen mussten unglaublich viele Bewerbungen verschicken. Ich dagegen hatte noch vor der Diplomarbeit eine feste Stelle. Mit 26 Jahren ging ich 1996 also nach München als „Projektkaufmann“ zu Siemens. Ein Dilemma gab es allerdings: Tauchen ist, seitdem ich 18 Jahre alt bin, mein großes Hobby. Kurz nach meiner Bewerbung bei Siemens wurde mir ein Job als Tauchguide auf der ägyptischen Halbinsel Sinai angeboten. Ich habe noch bei Siemens angefragt, ob ich später anfangen könne. Das hat leider nicht geklappt. Also sprang ich direkt rein in die Arbeitswelt. Das bereue ich heute, denn später macht man so etwas dann doch nicht mehr so leicht. Aber dieses Stellenangebot war so toll, dass ich mich gegen das Abenteuer in Ägypten entschieden habe. Mir gefiel an der Stelle als Projektkaufmann besonders, dass ich die Produkte - zum Beispiel elektronische Geräte für Flugzeuge - von der Entwicklungsphase an über den gesamten Lebenszyklus begleiten konnte. Und zwar von der Angebotserstellung und den Verhandlungen mit dem Kunden über die Fertigungsbeauftragung bis in die Servicephase. Das fand ich grossartig! Ich lernte dort viel, unter anderem auch, dass Entwickler beispielsweise eine ganz andere Sprache sprechen als jemand im Vertrieb oder in der Fertigung. Innerhalb des Konzerns bin ich nach ein paar Jahren in eine Führungsposition ins zentrale Controlling gewechselt. Führungspositionen habe ich mir immer zugetraut und auch gewollt. 2003 hatte ich dann über 30 Mitarbeiter in meinen Abteilungen, eine Herausforderung, die ich mochte. Als Chef muss man zwar sein Fach verstehen, aber Du musst auch loslassen können und Verantwortung abgeben. In meiner Funktion heute ist das noch viel wichtiger, denn ich verantworte sehr viele Themen, von Finanzen & Controlling über IT bis zu HR. Da gibt es jeweils Spezialisten. Ich muss nicht selbst alles am besten können. Warum ich nach zwölf Jahren im selben Konzern in verschiedenen Standorten und Aufgaben damals gewechselt habe? Mittlerweile hatte Siemens diesen Bereich an DASA verkauft und dieser ging dann in der EADS bzw. Airbus auf. Ich wollte mal etwas anderes machen, raus aus dem Großkonzern, in dem es so viele Schnittstellen und Entscheider gibt, hin zu einem Mittelstandsunternehmen, wo man schneller und flexibler ist. So konnte ich das Angebot eines Headhunters, inzwischen war ich 38 Jahre alt, nicht ausschlagen. Ich wechselte zum Messtechnik-Unternehmen Carl Zeiss IMT als Geschäftsführer und CFO. Das hat mich sehr gereizt: ein hochgradig internationales Geschäft mit Fertigungen auch in China und USA und Kunden auf der ganzen Welt. Beim Einstellungsgespräch mit dem Vorsitzenden der Geschäftsführung wurden mir fachliche Fragen gar nicht mehr gestellt. Dass ich z.B. Finanzen & Controlling beherrsche, wurde vorausgesetzt. Eher wurde mein allgemeines Führungs- und Businessverständnis getestet. Wir haben uns persönlich gut verstanden, das musste auch zusammenpassen, denn wir waren damals nur zwei Geschäftsführer. Meine Zeit bei Zeiss war eine tolle Erfahrung, mein Co-Geschäftsführer war ein offener Teamplayer, mit dem es Spaß machte zusammenzuarbeiten. Er war einige Jahre älter und half mir bei neuen Themen beim Sprung ins kalte Wasser. Zum Beispiel bei meiner Zuständigkeit für den Betriebsrat. Ich habe mich sofort intensiv mit der Branche, die ja neu für mich war, beschäftigt. Vom Radar in der Luftfahrt zu den Messmaschinen – das war ein großer Sprung. Sehr viel war ich in der Fertigung und im Service unterwegs, bin auf Messen gegangen und habe geschaut, was die Konkurrenz macht. Wer nicht weiß, wie die Branche tickt, in der man arbeitet, hat keine Chance. Das gilt auch für den CFO. Nach vier Jahren wechselte ich innerhalb Zeiss zur Carl Zeiss Vision, die Brillengläser herstellt. Das war ein noch grösseres und wirklich globales Geschäft und zudem noch eine Restrukturierungsaufgabe - die schwierigste Aufgabe, die ich bis dahin zu bewältigen hatte. Das hat mich viel Kraft gekostet, aber war unglaublich spannend und auch lehrreich.

"Bei Ravensburger bin ich angekommen"

Nach acht Jahren Carl Zeiss bin ich dann in die Modebranche gewechselt. Ich bin ein modeaffiner Mensch und die Aufgabe bei der s.Oliver Group hat mich gereizt. Für mich ist es wichtig, dass es in einem Unternehmen um ein Produkt geht, das mich begeistert. Bei einer Versicherung, Bank oder als Wirtschaftsprüfer zu arbeiten, fände ich für mich nicht so spannend. Nach kurzer Zeit wollte ich jedoch wechseln, da es aus familiären Gründen nicht passte. Trotzdem war es eine sehr lehrreiche Zeit, denn diese Branche funktioniert wieder nach ganz anderen Regeln. Bei der Ravensburger AG bin ich jetzt seit über zwei Jahren und fühle mich sehr wohl. Übrigens nicht nur wegen der Produkte. Ravensburger ist ein internationales Unternehmen, unsere Spiele und Puzzles werden zum Beispiel zu über 60 Prozent außerhalb von Deutschland verkauft. Zudem ist fast die komplette Wertschöpfungskette bei uns im Haus, da gibt es ständig neue Herausforderungen. Wir bewegen sehr viel, zum Beispiel haben wir vor knapp drei Jahren BRIO in Schweden gekauft und erst letzten Monat die Firma ThinkFun aus den USA. Auch die Digitale Transformation des Unternehmens beschäftigt uns sehr. So ist mein Job im Vorstand unglaublich vielfältig: eine Mischung aus strategischem und operativem Arbeiten, was mir besonders gut gefällt. Ich bin „angekommen“ und möchte auch nicht mehr weg.“ Persönliches: Hanspeter Mürle betreibt Ausdauersport und geht gern tauchen. Außerdem ist der gebürtige Badener ein leidenschaftlicher Skifahrer, der es schätzt, dass er von Ravensburg in der Nähe des Bodensees aus schnell in den Bergen ist.  So oft wie möglich trainiert Mürle abends auf dem Rudergerät und schaut dabei Serien wie "Game of Thrones“. Daneben schätzt der Vater von zwei Teenager-Töchtern Städtereisen mit der Familie. Da kommen alle auf ihre Kosten: Kultur, Shopping und abends gut essen. Aufgezeichnet von Silja Schriever


Service-Info: Die Karriere von Hanspeter Mürle zeigt, wieviele Möglichkeiten die Arbeitswelt bietet, wenn man leidenschaftlich und flexibel seine Ziele verfolgt. Für Ihre Jobsuche bietet XING Stellenmarkt die beste Übersicht attraktiver Vakanzen in Ihrer Wunschbranche. Sie können Ihre Recherche schon hier beginnen. Viel Erfolg.

Veröffentlicht
13.10.2017