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Florian Hermsdorf ist als Head of Innovation Management einer der wichtigsten Vordenker des Otto-Konzerns. Wie er zu diesem Job kam, warum Neugierde und Authentizität für ihn dabei genauso wichtig sind wie Frustrationstoleranz, erzählt er in unserer Serie "Mein Start".
„Mitte der 1990er Jahre war das Internet noch nicht so allgewärtig wie heute, aber die daraus neu entstandenen Möglichkeiten für mich total faszinierend. Ich beschäftigte mich als Teenager intensiv mit dem WWW und allem Technischen rund um das Web. Mir wurde damals klar, dass ich beruflich etwas mit Informationstechnik machen möchte. Auf der Suche nach den passenden Studienbereichen landete ich schließlich an der Fachhochschule Wedel. Mein Wunsch war, etwas mit technischem Bezug zu machen und nicht nur zu programmieren. Die Perspektive des Endanwenders wahrzunehmen und damit in Berührung zu kommen. Deshalb sprach mich der Studiengang Medieninformatik an. Am Ende war das zwar etwa zu 70 Prozent Informatik, was mich damals etwas irritierte. Aber es war trotzdem gut, dass ich es durchgezogen habe. So konnte ich mir einen Beruf aussuchen, der nicht ausschließlich Informatik erfordert – in dem dieses Fachwissen aber als Background wichtig ist. Als ich eine Hochschulmesse besuchte, bin ich auf das Unternehmen OTTO aufmerksam geworden. Messen sind übrigens eine gute Sache, um sich während eines Studiums schon mal über potenzielle Jobs und Arbeitgeber zu informieren. Ein Vertreter des Handelsunternehmens war also vor Ort, und der machte mich neugierig auf die Möglichkeiten bei der Otto Group. Sonst wäre ich vielleicht nie auf Idee gekommen, bei OTTO zu Florian Hermsdorf ist Head of Innovation Management beim internationalen Handels- und Dienstleistungskonzern Otto Group. Er identifiziert und pilotiert neue innovative Technologien für die E-Commerce-Aktivitäten des Konzerns. (©Foto: Otto Group)arbeiten. Ich bewarb mich erfolgreich um ein Praktikum dort. Nach dem Studium bewarb ich mich direkt bei otto.de und wurde Mobile Manager. Ich hatte sicher durch mein Praktikum einen Vorteil, doch der Bewerbungs-Prozess war dennoch hart. Ein wichtiges Vorstellungsgespräch zu führen war neu, und so war die Situation für mich sehr angespannt. Obwohl ich viele aus dem Unternehmen kannte, oder vielleicht gerade deshalb, war der Druck umso größer. Ich wollte niemanden enttäuschen. Heute, glaube ich, sind die Bewerbungsverfahren, etwas anders und weniger furchteinflößend. Mein Tipp ist immer: Sei wie du bist. Es funktioniert nie lange, wenn man sich verstellt. Jeder sollte zudem möglichst klar formulieren, was man selbst im Unternehmen erreichen will und was man zu diesem Ziel beitragen kann. Das Mobile-Thema war zu der Zeit, im Jahr 2006, noch ein zartes Pflänzchen. Die großen Herausforderungen damals: ,Wie baue ich einen vernünftigen Shop auf, der auf dem Smartphone funktioniert?‘ ,Wie kann man über ein Handy gut Produkte verkaufen?‘ Es war einfach toll: Ich kam direkt von der Uni in eine Welt, in der ich viele Freiheiten hatte. Ich konnte mich austoben, kreativ sein und viele spannende Themen im E-Commerce-Umfeld umsetzen. Rund um meine Tätigkeit bei OTTO hatte ich Ideen für neue digitale Geschäftsmodelle, die nicht unbedingt zum Unternehmen passten. Die haben wir für ein Blogformat gesammelt – und Kassenzone.de gegründet. Bis heute beschäftigt sich dieses Blog mit allem rund um die Entwicklung von Online-Businessmodellen, speziell im E-Commerce. 2011 konnte ich den nächsten großen Schritt machen. Bei der Suche nach neuen interessanten Geschäftsmodellen für die Otto Group kam ich auf eine Idee, die ich gern selbst umsetzen wollte. Die Chance hierfür bekam ich auch und konnte zu meiner Begeisterung vor dem Vorstand pitchen. Die Idee kam dabei so gut an, dass ich mit der Unterstützung der Otto Group VitaBote, eine Online-Plattform für Arzneimittel, gründen konnte. In Zusammenarbeit mit stationären Apotheken haben wir mit VitaBote innerhalb von 60 bis 120 Minuten Medikamente zum Beispiel ins Büro, Hotel oder nach Hause geliefert. Für den Hamburger Raum hat das erfolgreich funktioniert. Doch für einen deutschlandweiten Rollout konnten wir leider keinen passenden strategischen Partner finden. Schweren Herzens und nach vielen Gesprächen haben wird VitaBote deshalb drei Jahre später beendet. Und auch wenn klar war, dass es zu einem Startup dazu gehört, möglicherweise zu scheitern: Es hat mich schlaflose Nächte gekostet. Ich habe alles versucht, doch noch einen Weg zu finden, um weiter zu machen. Damals habe ich sehr wertgeschätzt, dass man mir dafür viel Zeit eingeräumt hatte. Dennoch, das war mein berufliches Tief.
Ich bin meinem ersten festen Arbeitgeber bis heute treu. Hier habe ich vieles ausprobieren dürfen, habe die „Mobile First“-Strategie mitentwickelt und war an der Gründung mehrerer Start-ups der Otto Group beteiligt. In diesen zehn Jahren hat sich auch im Unternehmen viel verändert. Damals bin ich von Tag 1 an im Anzug aufgelaufen, teilweise auch mit Krawatte. Heute ist das selbst im Vorstand die Ausnahme. Die Arbeitsatmosphäre ist angenehm, denn wir arbeiten sehr offen, sehr diskussionsfreudig, kollegial und auf Augenhöhe zusammen. Man merkt, es ist ein familiengeführtes Unternehmen. Hier ändert sich zum Beispiel die Unternehmensmission nicht fortlaufend, der Durchhaltewillen ist stark. Zudem werden die Themen Nachhaltigkeit und Innovation wirklich ernst genommen. Als das Kapitel VitaBote zu Ende ging, kam mein ehemaliger Chef aus der Otto Group auf mich zu und fragte, ob ich nicht Lust hätte, im Konzern wieder etwas zu machen. Das war zunächst ungewohnt, aus der freibestimmten Startup-Welt wieder zurück in den Konzern zu kommen. Aber die Aufgabe als Senior Projektmanager im E-Commerce Competence Center war inhaltlich so interessant, dass ich zugegriffen habe. Dort konnte ich die nächsten Schritte unseres „Mobile first“-Ansatzes strategisch umsetzen. Seit April 2015 bin ich Head of Innovation Management. Auch das hat auf Anhieb gut gepasst. Ich identifiziere gemeinsam mit meinem Team Technologien, die für unsere E-Commerce-Aktivitäten relevant sind oder es in den kommenden Jahren werden könnten. Wir beurteilen anschließend das jeweilige Potenzial für die Unternehmen der Otto Group und setzen die vielversprechendsten Technologien um. Daneben arbeite ich während des Wintersemesters als Dozent für E-Commerce an meiner damaligen Hochschule in Wedel. Eine erfrischende Abwechslung zu den Themen im Jobkontext. Ich muss durch die Fragen der Studenten wiederum Dinge hinterfragen, die man im Job als gesetzt sieht. Ich muss gut begründen, warum etwas so oder so funktioniert. Was man mitbringen sollte für meinen Job? Ein technisches Verständnis natürlich, um hinter die Kulissen gucken zu können und zu erkennen, was eine Technologie ausmacht. Außerdem eine große Neugierde, Interesse an den neuesten Entwicklungen und auch Frustrationstoleranz. Man sollte sich nicht abschrecken lassen, wenn es bei einigen Themen in einem Großkonzern etwas dauert. Das gehört einfach dazu.“ Aufgezeichnet von Silja Schriever
Service-Info: Mehr spannende Karrieregeschichten erfolgreicher Unternehmer, Gründer und Führungspersönlichkeiten finden Sie in unserer Serie "Mein Start". Auch für Ihre Suche nach einem Job bei der OTTO Group - und vielen anderen Unternehmen - bietet der XING Stellenmarkt die beste Übersicht attraktiver Vakanzen. Sie können Ihre Recherche schon gleich hier beginnen. Viel Erfolg.
Veröffentlicht
31.05.2018