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Doreen Huber gilt als eine der erfolgreichsten Unternehmerinnen Deutschlands. Die Gründerin und Geschäftsführerin des Catering-Unternehmens Lemoncat fährt nicht nur in ihrer eigenen Karriere, sondern auch bei der Personalauswahl einen konsequenten Kurs.
© Lemoncat„Ich habe mich sehr früh direkt in das Berufsleben gestürzt. Eigentlich wollte ich nach dem Abitur anfangen zu studieren, aber da für mich nur Berlin als Wohnort in Frage kam und ich dort keinen Studienplatz bekam, wurde daraus erst einmal nichts. Stattdessen fing ich gleich nach der Schule an zu arbeiten, im klassischen Telesales des US-Startups VeriSign, das im Bereich Internet Security tätig ist. An den Job bin ich über einen Freund gekommen, der dort auch gerade anfing. Ich habe zwar zu dem Zeitpunkt noch überhaupt nicht kapiert, worum es bei dem Produkt eigentlich geht, aber dachte mir: Hey, du bist kommunikativ, das kriegst du schon hin. Wenn man jung ist, hat man ja auch keine Scheu. Das hat mir geholfen. Ich bin also mit 19 Jahren direkt in die Arbeitswelt eingestiegen und habe bei VeriSign das Vertriebswesen von der Pike auf gelernt. Das war insbesondere deshalb toll, weil amerikanische Unternehmen den deutschen oder auch europäischen in diesem Bereich noch deutlich voraus sind.
Dennoch war diese Zeit nicht nur easy, denn ich hatte Ambitionen und wollte in die Teamleitung, war aber gleichzeitig auch noch sehr jung und musste mir meinen Platz entsprechend auch erkämpfen. Aber ich bin drangeblieben und war schließlich als Head of Sales für VeriSign in Deutschland, Österreich und der Schweiz verantwortlich. Diese Einstellung – das „sich durchkämpfen“ – vermisse ich heute manchmal bei Berufseinsteigern. Zu viele Sprünge im Lebenslauf stören mich als Arbeitgeber, weil ich der Meinung bin, dass man nicht immer gleich aufgeben kann, sobald es mal hart wird. Während ich bei VeriSign Karriere machte, habe ich parallel studiert, als ich den Platz bekam: Neuere Deutsche Literatur, Kunstgeschichte und Medienwissenschaften, meine Wunschfächer. Natürlich ist das ein ganz anderer Bereich als mein Job, aber trotzdem denke ich, dass das Studium bis heute einen großen Einfluss auf meine Arbeit hat. Viele wollten mich damals überreden, doch lieber BWL zu studieren, aber ich wollte unbedingt dieses wunderbare Studium machen, bei dem mir auch tatsächlich alle Inhalte Spaß gemacht haben. Ich habe ein gutes Gefühl für Sprache und Design, was ein ganz erheblicher Punkt ist für den Erfolg von Sales und Kommunikation. Viele Studien zeigen, dass CEOs, die sich für ein Studium in einem ganz anderen Bereich entschieden haben, gut darin sind, kreative Lösungen im Job zu finden. Mit 23 Jahren habe ich mit einem Geschäftspartner Yields gegründet, eine Agentur für Vertrieb und Marketing, die Kunden wie Opodo, die Financial Times und Yahoo betreute. Wir wollten unser Know-how von VeriSign weitergeben. Ich kann nur dazu raten, mit einer Gründung nicht zu lange zu warten. Je älter man wird, desto mehr persönliches Risiko hat man zu tragen, zum Beispiel, weil man eine eigene Familie hat. Da fällt die Entscheidung schwerer. Wir lernten 2008 dann die eKomi-Gründer kennen. Sie hatten die Idee, ein Review- und Rating-System für den eCommerce aufzubauen. Das Prinzip des Feedback-Systems für Online-Shops, das wir entwickelten, war damals noch überhaupt nicht verbreitet. Wir verkauften Yields 2010 an eKomi und ich wurde dort CSO. Inzwischen ist Goldman Sachs als Investor in das Unternehmen eingestiegen und eKomi ist international einer der wichtigsten Player in diesem Markt. Für mich ging es bei Lieferheld und später dann bei Delivery Hero weiter, wo ich ebenfalls CSO und dann COO war. Das war eine wahnsinnig intensive Zeit. Wir wuchsen innerhalb von drei Jahren auf fast 1.000 Mitarbeiter und waren in 20 Märkten aktiv.
In der Zwischenzeit bin ich Mama geworden. Aber als meine Tochter ein Jahr alt war, hat es mich schon wieder in den Fingern gekribbelt. Die Idee für Lemoncat, mein jetziges Unternehmen, hatte ich ja schon lange im Kopf, das Know-how hatte ich ebenfalls. Also habe ich 2016 losgelegt und Lemoncat gegründet, einen Online-Marktplatz für Business Catering. Im vergangenen Jahr konnten wir die Zahl der Mitarbeiter schon von 20 auf 40 verdoppeln. Lemoncat wurde 2017 von Focus Business und kununu.com zum 'Top-Arbeitgeber des Mittelstandes' gekürt. Mir ist es wichtig, mit Profis zusammenzuarbeiten, die zu meinem Unternehmen passen. Dabei, diese auszusuchen, hilft mir meine Erfahrung: Mit 36 Jahren und vier Firmengründungen habe ich gesehen, wie viel schneller eine Firma wächst, in der Profis angestellt sind. Ich merke immer wieder, dass Unternehmer verführt sind, Leute einzustellen, einfach, weil diese sympathisch sind oder schlau wirken. Aber das reicht leider nicht. Insbesondere im HR-Bereich muss man jahrelang viel arbeiten, um die nötige Erfahrung zu bekommen. Leute auf den falschen Positionen einzusetzen, richtet massiv Schaden an. Um die richtigen Mitarbeiter auszuwählen, haben wir ein internes Mantra: „Was würde Jogi Löw machen?“, fragen wir uns dann. Denn im übertragenden Sinne wollen wir das gleiche wie er: die Weltmeisterschaft gewinnen, nicht in der Regionalliga spielen. Um die Weltmeisterschaft zu gewinnen, setzt Jogi Löw Profis auf den richtigen Positionen ein. Nur der beste und erfahrenste Torwart kommt ins Tor. Wenn einer noch nie Torwart war, dann würden wir ihn nicht auf diese Position setzen. Ich bin ein großer Fan davon, auszubilden. Aber auf meine 40 Mitarbeiter kommen nur zwei bis drei Praktikanten, so muss die Mischung auch sein, denn sonst haben beide Seiten nichts davon. Unsere Einstellung bei der Auswahl der Mitarbeiter ist es, den Bewerber auf Augenhöhe zu sehen. Das kann ich auch jedem empfehlen, der zu einem Bewerbungsgespräch geht: Es geht nicht darum, sich zu verkaufen. Es geht darum möglichst schnell herauszufinden, ob man wirklich zueinander passt.“ Aufgezeichnet von Antonia Thiele
Service-Info: Mehr spannende und lehrreiche Lebens- und Karrierewege finden Sie in unserer Serie "Mein Start".
Veröffentlicht
11.04.2018