Frau kommt zurück ins Büro © Carlina Teteris / Getty Images

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Rückkehr ins Büro: Wie Chefs dafür Begeisterung schaffen

Konnten Arbeitnehmer in den letzten zwei Jahren noch bequem von Zuhause aus arbeiten, müssen jetzt wieder viele ins Büro und das sorgt oft für Protest.


Apple hat es Prominent vorgemacht: Die Pflicht, ins Büro zurück zu kehren kam, Mitarbeiter gingen. Obwohl er nur drei Tage in der Woche im Büro hätte sein müsse, hat Ian Goodfellow, KI-Experte und (Ex-)Topmanager von Apple, gekündigt.

Doch auch in Deutschland sind nicht alle zufrieden mit dem plötzlichen Zwag, die Jogginghose aus und die Arbeitskleidung wieder anzuziehen, um ins Büro zu fahren.

Ein Gegenbeispiel zu den Protesten bildet hingegen Malt, ein Marktplatz für Freelancer und Unternehmer, mit Sitz in Paris. Lange bevor es die Corona-Pandemie gab, hat Malt sich mit der Frage des Standorts beschäftigt. Herausgekommen ist das Büro als place-to-work.

Remote aus praktischen Gründen

Nach der Gründung des Unternehmens im Jahr 2013, arbeiteten alle von Zuhause, aus rein praktischen Gründe, wie Malt-Chef Vincent Huguet erzählt. Sein Mitgründer wohnte in Lyon, Huguet selbst in Paris. Außerdem war das Geld für Büroräume noch nicht da. Doch für ihn war schnell klar, dass das kein Dauerzustand sein konnte.

Betriebsausflug als Wendepunkt

Ein Ausflug ins Ausland mit dem gesamten Betrieb vor sechs Jahren brachte schließlich den Wendepunkt. Der Ausflug nach Sevilla war so eindrücklich, dass das Team ständig darüber sprach. Also beschloss der Chef, dem sozialen Wesen des Menschen nachzugeben und die Kollegen klassisch in einem Büro in Präsenz zusammenzubringen. Angefangen mit nur einem Kollegen im Büro, sind es heute fünf Stück in West- und Südeuropa. Die 300 Beschäftigten dürfen innerhalb ihres Teams die beste Kombination aus Homeoffice und Büro festlegen, für viele habe sich die Kombination aus drei Tagen Büro und zwei Tagen Zuhause etabliert, sagt Dirk Henke, Geschäftsführer im deutschsprachigen Raum.

Wichtiger Unterschied zu Apple

Obwohl die Lösung sehr ähnlich klingt, wie die, die Apple-Chef Cook vorgeschlagen hat, gibt es einen entscheidenden Unterschied: Keine festgelegten Homeoffice-Tage. Der Chef des Tech-Giganten wollte die Büros montags, dienstags und donnerstags gefüllt sehen, was Ian Goodfellow schließlich zur Kündigung bewegte. Er hätte sich mehr Flexibilität gewünscht.

Die Angestellten und Chefs bei Malt sehen das ähnlich. Feste Büro-Tage wären nicht für alle Jobs sinnvoll und könnten sich negativ auf das Betriebsklima auswirken. Doch auch mit durchgängigem Homeoffce wäre Henke nicht einverstanden, vor allem im Deutschland, da das Team sich hier noch erst kennenlernen und aneinander gewöhnen müsse. Dazu bräuchte es gemeinsame Zeit, meint Henke. Auch ist er der Meinung, dass vor allem das Onboarding in einen neuen Job in Präsenz erfolgen sollte.

Anreize für mehr Zeit im Büro

Dass viele Arbeitnehmer die Zeit im Büro während Corona wohl weniger vermisst haben, zeigt sich auch darin, dass viele Unternehmen (bspw. Goldman Sachs) nun extra Anreize bieten, um ihre Belegschaft für den Gang ins Büro zu motivieren. Doch bei Malt scheint das kein Problem zu sein. Gründer Huguet betont die Wichtigkeit der Vertrauensbasis zu den Mitarbeitern, auf die sie schon vor der Pandemie großen Wert gelegt haben. Auch in puncto Bewerbungen scheint die Büro-Neigung des Unternehmens keine negativen Einflüsse zu haben. Vielmehr würden Bewerber das sogar begrüßen, meint Henke.

Aber: Büro ist nicht gleich Büro

Trotzdem sollte man darauf achten, dass das Büro nicht einfach nur ein anderer Ort ist, sondern ein Ort, an dem man ebenfalls gerne ist und der bestenfalls eine geeignetere Umgebung zum Arbeiten darstellt als das eigene Zuhause.

Balance ist das Wichtigste

Für den Malt-Chef ist im Endeffekt die Balance das wichtigste. Flexibel und produktiv muss es sein, auf beiden Seiten, ob im Büro oder Zuhause. „Es muss Spaß machen, ins Büro zu gehen“, findet er. Die Balance hat das sonst so erfolgreiche Apple noch nicht gefunden. Offiziell sind die steigenden Corona-Zahlen der Grund dafür, dass alle Mitarbeiter doch im Homeoffice bleiben dürfen, aber Ian Goodfellows öffentlichkeitswirksame Kündigung wird sicher ihren Teil dazu beigetragen haben.

Veröffentlicht
10.06.2022