©Foto: Beiersdorf / PR
Große Unternehmen wie Beiersdorf sind bei Absolventen beliebt, weil sie viele Möglichkeiten bieten. Doch die Auswahlprozesse sind hart. Isabel Steinhübel hat es gemeistert, ruhig zu bleiben – obwohl sie wusste: Nur einer wird es schaffen.
„Um eine neue Kultur kennenzulernen und etwas Neues zu sehen, machte ich nach dem Abitur ein Freiwilliges Soziales Jahr in Tansania. Dort arbeitete ich gemeinsam mit Frauengruppen, die mit erneuerbaren Energien, wie zum Beispiel Solarkocher, nachhaltige Lebensmittel und Kosmetika herstellten. Ich unterstützte sie beim Einkauf der Materialien, bei der Produktionsplanung, bei der Vermarktung und beim Verkauf an Hotels und Touristen. Damals war mir das nicht bewusst, aber im ganz Kleinen habe ich dort die ganze Wertschöpfungskette koordiniert, was sich heute im Großen in meinem Job als Trainee im Bereich Supply Chain bei ©Isabel SteinhübelBeiersdorf wiederfindet. Zurück in Deutschland wollte ich mich weiter mit nachhaltigem Wirtschaften auseinandersetzten und entschied mich, Umweltwissenschaften und Betriebswirtschaftslehre zu studieren. Nach Auslandsaufenthalten und Praktika bei Nachhaltigkeitsunternehmen schloss ich einen Master an der Copenhagen Business School an und studierte Business and Development Studies mit einem Schwerpunkt auf Supply Chain. Um neben nachhaltigen Wirtschaftsweisen auch operativ zu verstehen, wie die Wertschöpfungskette bei einem konkreten und greifbaren Produkt funktioniert, habe ich mich im Rahmen der International Internship Challenge um ein Praktikum bei Beiersdorf beworben. Dies hat auch geklappt und ich ging für sechs Monate an den Produktionsstandort in Berlin, an dem Duschen, Shampoos und Spülungen hergestellt werden.
Ich lernte Beiersdorf kennen und die Unternehmenskultur begeisterte mich von Anfang an. Auch meine Chefin förderte mich sehr und gab mir bereits im Praktikum vielfältige Möglichkeiten, mich weiterzuentwickeln. Sie war es auch, die mich darin unterstützte, mich auf die Trainee-Stelle im Bereich Supply Chain zu bewerben. Das tat ich dann auch, doch schon im ersten Schritt zeigte sich: Mit einem angepassten Anschreiben und Lebenslauf kommt man hier nicht weiter. Das war schon ein bisschen umfangreicher und aufwändiger. Es gab diverse Fragen, die man beantworten musste, wie nach meinen internationalen Erfahrungen, nach meiner Motivation, bei Beiersdorf zu arbeiten, nach verschiedenen Facetten des eigenen Charakters und was man unter guter Führung versteht. Das war sehr individuell und die erste kleine Herausforderung. Nachdem ich die erste Runde gemeistert hatte, stand auch schon die nächste an: Logische, analytische und verbale Fähigkeiten wurden in einem rund einstündigen Test geprüft. Zur Vorbereitung hat mir am besten geholfen, mich in Foren zu informieren, was für Fragen dran kommen könnten und Beispieltests zu machen. Dadurch bin ich schon mal in die Systematik dieser Tests reingekommen – selbst, wenn dann natürlich andere Fragen drankommen.
Auch diese Runde habe ich bestanden, denn nach ein paar Tagen bekam ich die Einladung zum Skype-Interview mit Mitarbeitern aus der Personalabteilung. Zum Glück hatte ich mich da schon ein bisschen schlau gemacht, dass es primär um die Persönlichkeit gehen würde. Natürlich wurde nicht einfach nur nach Stärken und Schwächen gefragt. Deshalb habe ich mir vorher mögliche Fragen überlegt und meinen Lebenslauf nach passenden Situationen durchforstet, die meine Persönlichkeit gut beschreiben.
Das Ergebnis dieser Runde war natürlich total spannend, schließlich ging es um mich ganz persönlich, ich als Mensch wurde eingeschätzt. Umso größer war meine Erleichterung, als das Feedback kam – und damit endlich die Einladung zum Assessment Center. Ich wusste vorher nur, dass es eine Kombination von Einzelinterviews und Gruppenübungen geben würde, aber keine Details. Umso aufgeregter war ich, als ich am Tag vor dem Test nach Hamburg anreiste, wo alle Bewerber in der gleichen Unterkunft untergebracht waren und ein gemeinsames Abendessen mit zwei Trainees stattfand. Diese konnten wir während des Essens bereits ein bisschen ausfragen und so wurde uns die erste Aufregung genommen. Aber man merkte da schon: Die Situation ist eine ganz andere als bei der Bewerbung um das Praktikum: Natürlich hat keiner die Ellenbogen ausgefahren, aber die Stimmung war schon ein bisschen angespannter – schließlich ging es ja auch um viel mehr und alle wussten: Im Normalfall wird es nur einer von uns acht schaffen.
Am nächsten Morgen ging es dann los. Zunächst stellten wir uns alle vor und lernten das Auswahlteam aus Mitarbeitern aus dem Fachbereich und der Personalabteilung kennen. Erst gab es eine Art kleines Speeddating, bei dem wir je eine Viertelstunde von einem aus dem Auswahlteam nach einem festen Fragebogen interviewt wurden. Dann war der „Case“ dran: Jeder von uns musste einen realen „Fall“, der im Bereich Supply Chain lag, durchrechnen und anschließend präsentieren. Das war für mich der schlimmste Part, weil ich ganz auf mich allein gestellt war. Doch nicht nur das: Zwischen meiner Vorbereitungszeit und der Präsentation lag die Mittagspause und ich hatte reichlich Zeit nachzudenken – und stellte plötzlich mit Schrecken fest: Ich hatte mich verrechnet! Mit dem unguten Gefühl im Bauch hat sich diese Pause endlos gezogen. Da es nun nicht mehr zu ändern war, trat ich selbstbewusst auf und gestand das ganz am Anfang offen ein. Zusätzlich waren die Fragen am Ende der Präsentation so kritisch, dass ich ganz schön ins Schwitzen kam. Da dachte ich: Das ist überhaupt nicht gut gelaufen, jetzt ist es aus. Im Nachhinein erfuhr ich aber, dass es gut war, dass ich den Fehler gleich zu Anfang eingestanden und mich dann auf andere Aspekte als die reinen Zahlen fokussiert habe.
Besser lief jedoch das anschließende Rollenspiel, bei dem wir eine Konfliktsituation darstellen und lösen sollten. Davor hatte ich zwar auch Respekt, weil ich nicht unbedingt die große Theaterspielerin bin, aber ich hatte Glück mit meinem Partner und habe einfach ausgeblendet, dass ich beobachtet werde. Zum Abschluss des Tages hatten wir auch noch die Möglichkeit Fragen zu stellen um herauszufinden, ob es für uns der richtige Job ist – und ich stellte einmal mehr fest, dass ich ihn unbedingt haben wollte. Glücklicherweise musste ich nicht wochenlang aufgeregt auf und ab laufen – am nächsten Tag kam schon der Anruf: Ich hatte es geschafft! Das war schon ein toller Moment. Ich schloss noch meine Masterarbeit ab, reiste ein paar Wochen und dann ging es los. Die erste von fünf Stationen meines 18-monatigen Traineeprogramms hat gleich meine Erwartungen übertroffen: Mein Team hat mich vom ersten Tag an super aufgenommen und ich durfte sogar für ein Projekt mit nach Mexiko reisen. Mein Fernweh kommt in dem Job jedenfalls nicht zu kurz: Für die dritte Trainee-Station geht es demnächst für sechs Monate nach Bangkok.“ Aufgezeichnet von Maria Zeitler
Veröffentlicht
30.07.2018