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Yasmin Noel-Schütt hatte Schwierigkeiten auf der Stellensuche, weil sie als Mutter nicht in Vollzeit arbeiten wollte. Als Jobcoach lernte sie später andere Teilzeit-Suchende kennen. Im Interview gibt sie Tipps, wie man sich auf solche speziellen Jobs bewerben sollte.
Die größten Gruppen sind Erziehende (meist Mütter), Menschen, die Angehörige pflegen (meist Frauen) und Kranke. Männer arbeiten seltener in Teilzeit. Wenn sie es doch tun, dann eher, weil sie selbst krank sind, eine Weiterbildung absolvieren oder keine Vollzeitstelle gefunden haben. Schließlich gibt es auch immer mehr junge Menschen, die weniger arbeiten möchte, und ältere, die in der schnelllebigen Berufswelt eine Entlastung suchen.
Überall da, wo Fachkräftemangel herrscht, findet man durchaus Teilzeitstellen. In vielen anderen Branchen dagegen ist die Suche schwer. Sie können sich das vor Augen führen, wenn sie in eine Stellensuchmaschinen einen gängigen Beruf eingeben und anschließend dieselbe Suche für eine Teilzeitstelle durchführen. Nicht selten kommt es vor, dass die Anzahl der Treffer bei der ersten Suche vier- und bei der zweiten Suche zweistellig ist. Manche Unternehmen haben noch keine Erfahrungen mit Teilzeitkräften gemacht und sind noch nicht offen für neue Modelle. Andere haben schlechte Erfahrungen gemacht oder davon gehört, und denken jetzt, dass Teilzeitkräfte generell eine schlechte Leistung bringen oder dass Mütter ständig fehlen, weil ihre Kinder krank sind.
Weitere Arbeitsplätze sind nicht unbedingt notwendig, denn es gibt auch Teilzeit-Mitarbeiter wie mich, die sich absprechen und einen Schreibtisch teilen. Ich denke, die Beziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer lässt sich mit jeder anderen sozialen Beziehung vergleichen: Wenn beide Seiten eine konstruktive Haltung an den Tag legen und bereit sind, sich auf die Gegenseite einzustellen, werden sich für alle Herausforderungen auch Lösungen finden.
Wenn sich zwei Teilzeitkräfte eine Vollzeitstelle teilen und mit etwas Glück auch flexibel sind, hat der Arbeitgeber immer einen gut informierten Mitarbeiter, der den anderen zum Beispiel im Krankheitsfall vertreten kann. Außerdem profitiert das Unternehmen von einem doppelten Ideen- und Talentschatz. Auch das trägt zum Unternehmenserfolg bei, wird aber häufig viel zu wenig gesehen. Teilzeit-Mitarbeiter arbeiten häufig besonders effektiv, da sie von vornherein wissen, dass sie nur einen begrenzten zeitlichen Rahmen pro Tag zur Verfügung haben. Und eine Mutter, die nur zwanzig Stunden arbeitet, ist natürlich zufriedener und damit leistungsfähiger als eine Mutter, die sich zwischen ihren Kindern und dem Vollzeitjob zerreißen muss.
Stell Dich breit auf. Suche neue Schlagworte. Werde selbst aktiv und verschicke Initiativbewerbungen. Sei auch kreativ. Ich habe zum Beispiel mal mit einer Freundin eine Doppelbewerbung geschrieben.
Ich würde mich nicht mit 15 Stunden auf eine 40-Stunden-Stelle bewerben, denn das ist Zeitverschwendung. Wenn ich mir vorstellen kann, 20 oder 30 Stunden zu arbeiten, sollte ich darauf im Anschreiben hinweisen, gerne auch als von-bis-Range. Wenn ich meinen Teilzeitwunsch in der schriftlichen Bewerbung gar nicht erwähne, kann das den Arbeitgeber zurecht sehr verärgern. Denn er nimmt sich dann im Vorstellungsgespräch Zeit für eine Bewerberin, die den Bedarf gar nicht decken kann.
Ich habe in der ersten Zeit meiner Bewerbungsphase wirklich sehr vieles ausprobiert, war unter anderem im Außendienst tätig und habe in einer Wohngemeinschaft Abend- und Wochenenddienste geleistet. Dabei habe ich gemerkt: Es bringt nichts, Angebote anzunehmen, die ganz und gar nicht zu meiner Lebenssituation passen. Ich bin Arbeitgebern gegenüber jedoch grundsätzlich gesprächs- und verhandlungsbereit – wer weiß schon im Vornherein, welche individuellen Lösungen sich finden? Und inhaltlich bin ich breit aufgestellt.
Wer sich auf eine Teilzeitstelle bewirbt, weil er für sein Kind, seine Mutter oder seine eigene Erkrankung Verantwortung trägt, sollte dem Arbeitgeber im Vorstellungsgespräch darlegen können, warum er trotzdem ein verlässlicher Arbeitnehmer ist. Natürlich braucht der Arbeitgeber diese Sicherheit. Mütter und Väter müssen deshalb erst einen Betreuungsplatz für ihr Kind organisiert haben, bevor sie sich bewerben können. Unter Umständen müssen sie dann in Kauf nehmen, dass das Kind schon ein halbes Jahr lang den Kindergarten besucht, obwohl sie noch keine Stelle gefunden haben. Interview: Janna Degener-Storr Anmerkung: Yasmin Noel-Schütt hat ihr Wissen und ihre Erfahrungen in einem Ratgeber für Teilzeit-Suchende zusammengefasst: „Teilzeitkraft. Eine Bewerbungsgeschichte für alle, die mit der Teilzeit-Stellensuche jonglieren“.
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Veröffentlicht
24.03.2019