Bewerben in der Schwangerschaft

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Bewerben in der Schwangerschaft: Diese Rechte haben Sie

Eine Schwangerschaft sollte nicht das Ende Ihrer Bewerbungspläne bedeuten, im Gegenteil: Werdende Mütter genießen besonderen Schutz und Rechte.


Eine Frau steckt mitten im Bewerbungsverfahren, als sie erfährt, dass sie schwanger ist. Der zukünftige Chef ruft sie an, um sie darüber zu informieren und verspricht, dass bald auch der Vertrag kommt. Die Bewerberin entscheidet sich, ehrlich zu sein und berichtet von ihrer Schwangerschaft – daraufhin bricht der Chef das Gespräch ab, man müsse an dieser Stelle wohl nicht weiter sprechen. Der Vertrag kommt nie an, die Frau bekommt die Stelle nicht. Fälle wie dieser scheinen immer wieder zu passieren, zuhauf finden sie sich in Rechts- und sonstigen Beratungsforen. Arbeitsrechtler Martin Hensche findet diese Fälle skandalös – vor allem, wenn die Frauen sich nicht wehren, denn das könnten sie: „Wenn der Arbeitgeber wie in diesem Fall das Angebot zurückzieht, ist das Diskriminierung: Denn dass die Bewerberin die Stelle nicht bekommt, kann in dem Fall nur den einen Grund haben.“ Dies nennt sich Indizmerkmal und der Arbeitgeber muss bis zu drei Gehälter zahlen. „Den Job wird man aber in keinem Fall bekommen.“ Ein solches Indizmerkmal liegt aber nicht vor, wenn man schon mit sichtbarem Babybauch zum Vorstellungsgespräch kommt: „Dann kann man nichts machen, wenn man den Job nicht kriegt, weil man nicht belegen kann, dass es deswegen ist“, sagt der Fachanwalt. Sollte man sich also unter diesen Umständen überhaupt eine neue Stelle suchen? „Natürlich kann man sich auch als Schwangere bewerben, das Leben geht ja weiter“, sagt Arbeitsrechtler Hensche. Seiner Meinung nach sollten auch Arbeitgeber darin Vorteile sehen: „Ich habe dann jemanden, der schon einige Monate eingearbeitet ist und die Perspektive, dass es jemand ist, der danach schnell wieder einsteigen will.“ Doch dies sehen nicht alle so: „Ich würde ja viel tun – aber eine 29-Jährige, die gerade heiratet und noch keine Kinder hat – die würde ich nicht einstellen“, schreibt die anonyme Arbeitgeberin „m47“ in einem Forum.

„Sie haben ein Recht zur Lüge“

Fachanwalt Hensche rät deshalb, es mit der Wahrheit nicht zu genau zu nehmen: „Man sollte nicht vor der Vertragsunterzeichnung damit rausrücken, das hilft einem nicht bei der Einstellung.“ Im Bewerbungsgespräch ist die Frage nach einer Schwangerschaft sogar rechtlich unzulässig: „Ein Arbeitgeber, der so etwas trotzdem fragt, muss damit leben, dass er auf diese Frage eventuell die Unwahrheit kriegt. Sie haben ein Recht zur Lüge.“ Das gilt laut der Agentur für Arbeit „sogar dann, wenn die Arbeitnehmerin die vereinbarte Tätigkeit aus mutterschutzrechtlichen Gründen nicht ausüben darf“, so eine Sprecherin. Für das Bewerben innerhalb der Arbeitslosigkeit gibt es genauso wenig einen fest vorgeschriebenen Zeitpunkt oder eine fixe Schwangerschaftswoche, bis zu der sich Schwangere bewerben müssen. “Es hängt immer vom Einzelfall ab.“ Eine Schwangerschaft an sich führe aber nicht zur sofortigen Unzumutbarkeit jeder Arbeit, auch einer werdenden Mutter ist eine Arbeit zumutbar, soweit sie dazu „körperlich, geistig und seelisch“ in der Lage ist. Genauere Informationen dazu bietet beispielsweise die Interessensgemeinschaft Sozialrecht e.V., die Wissenswertes zu Hartz 4-Ansprüchen und -Leistungen bündelt und Betroffenen zur Verfügung stellt. Der Vermittler schätze dann ein, welche Arbeitsstelle noch in den Bereich der Zumutbarkeit fällt. „Wenn die  Schwangere im Gespräch sagt, dass ihr das Stehen und Tragen besonders schwer fällt, dann wird der Vermittler ihr auch kaum Vermittlungsvorschläge mit Rechtsfolgen zusenden, auf die sie sich bewerben muss“, sagt die Sprecherin der Arbeitsagentur. Es gebe aber durchaus Schwangere, die bereit seien, sich bis zum Eintritt des gesetzlichen Mutterschutzes auf kurzfristige Jobs zu bewerben.

Die Ankündigung einer geplanten Schwangerschaft ist bei Adidas kein Problem

Den Fall, dass sich jemand schwanger beworben hat, hat Katrin Hempel, Personalverantwortliche mit Schwerpunkt Work-Life-Integration bei Adidas, noch nicht erlebt. Für ausgeschlossen, dass jemand schwanger eingestellt würde, hält sie es nicht. Sie teilt auch die Meinung nicht, dass man eine frisch verheiratete Frau im richtigen Alter nicht einstellen würde: „Wenn jemand im Bewerbungsgespräch davon sprechen würde, dass er mittel- oder langfristig eine Familie will, wäre das für uns kein Problem. Wir haben eine sehr junge Belegschaft, viele mit Kindern und es ist auch allgemein akzeptiert, dass man mal seine Kinder mit ins Büro nimmt. Da begegnet man dann vielen lächelnden Mitarbeitern“, sagt Hempel. Im Rennen um die besten Kräfte baut Adidas deshalb nicht darauf, Frauen im gebärfähigen Alter nicht einzustellen, sondern sie bestmöglich zu unterstützen: „Wir haben eine betriebseigene Kita von 7.30 Uhr bis 18.30 Uhr ohne Schließzeiten, dort können Kinder ab drei Monaten betreut werden.“ Außerdem bietet das Unternehmen ein Eltern-Kind-Büro, Stillräume und Schwangeren-Kurse zum Beispiel in der Mittagspause an. „Wir setzen uns auch verstärkt ein für flexible Modelle nach der Rückkehr aus der Elternzeit“, sagt Hempel.

Das Mutterschutzgesetz gilt ab dem ersten Tag

So entgegenkommende Arbeitgeber hat nicht jeder und oft ist das Arbeitsklima mehr als unterkühlt, wenn am ersten Arbeitstag eröffnet wird, dass man schwanger ist. Rechtlich kann jedoch nichts passieren: „Das Mutterschutzgesetz ist absolut und gilt ab dem ersten Tag, auch in der Probezeit kann man nicht gekündigt werden“, sagt Arbeitsrechtler Hensche. Einzige Ausnahmen sind außerordentliche Kündigungen: „Wenn man was Gravierendes ausgefressen hat oder einen Zeitvertrag hat: der läuft trotzdem einfach aus“, so Hensche. Der Kündigungsschutz geht sogar so weit, dass man geschützt ist, selbst wenn der Arbeitgeber – oder man selbst – damals nichts von der Schwangerschaft wusste. „Stellt sich heraus, dass man zu dem Zeitpunkt schon schwanger war, muss man schnell sein, und drei Wochen nach der Kündigung Klage erheben. Manchmal wird es dann ganz schön knifflig, wenn es bei der Rechnerei um Tage geht“, sagt Hensche. Und wie lange reicht der Schutz? „Grundsätzlich bis vier Monate nach der Entbindung, wenn man aber Elterngeld bekommt, ist man weiter geschützt“, sagt Hensche. Mit Ende der Elternzeit ist aber endgültig Schluss: „Da kann es passieren, dass Sie zur Begrüßung statt dem Sträußchen ein Kündigungsschreiben bekommen. Das kommt oft vor.“ Text: Maria Zeitler


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Veröffentlicht
28.02.2017