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Ob gut gemeint oder geschickt verpackt: In Arbeitszeugnissen stecken oft mehr Botschaften als gedacht. So erkennst Du Lob, Kritik – und Deine Rechte.
Ein gutes Zeugnis ist ein Schlüssel für Deinen nächsten Karriereschritt. Doch was auf den ersten Blick positiv klingt, kann auf den zweiten Blick ein versteckter Karriere-Killer sein. Arbeitgeber müssen Arbeitszeugnisse wohlwollend formulieren, aber auch der Wahrheit verpflichtet bleiben – das führt dazu, dass sich Kritik oft hinter scheinbar netten Floskeln versteckt. Wer diese nicht erkennt, riskiert Missverständnisse im Bewerbungsprozess. Doch auch übertriebene Lobhudelei kann problematisch werden. Deshalb solltest Du Dein Zeugnis nicht nur lesen, sondern analysieren können – wir zeigen Dir wie.
Typische Formulierungen wie "zu unserer vollen Zufriedenheit" oder "er/sie war bemüht" haben sich als verschlüsselter Code etabliert, mit dem Personalverantwortliche schnell die wahre Leistungsbewertung erkennen. Die gängige Notenskala reicht von "stets zu unserer vollsten Zufriedenheit" (Note 1) bis hin zu Formulierungen wie "er/sie hat sich bemüht..." (Note 5-6). Bereits kleine Worte wie "stets", "voll", "vollst" oder deren Fehlen entscheiden über Deine Note – und damit über Deine Bewerbungschancen.
Auch Aussagen wie "war pünktlich und zuverlässig" oder "zeigte Interesse" klingen harmlos, sind aber in der Zeugnissprache oft als Mindestleistung zu verstehen. Andere Formulierungen wie "trug zur Verbesserung des Betriebsklimas bei" können sogar auf Alkoholprobleme oder unangemessenes Sozialverhalten hinweisen. Deshalb gilt: Misstraue übertrieben allgemeinen Aussagen und analysiere jedes Detail.
Personalverantwortliche prüfen Zeugnisse systematisch. Sie achten auf:
Ein zu gutes Arbeitszeugnis kann ebenso problematisch sein wie ein schlechtes. Arbeitgeber dürfen keine unwahren Tatsachen behaupten – zum Beispiel Qualifikationen bestätigen, die nicht vorhanden sind. Kommt es beim neuen Arbeitgeber zu Problemen, können Ex-Arbeitgeber sogar haftbar gemacht werden. Auch Du selbst solltest aufpassen: Wenn Du ein Zeugnis mit unzutreffenden Leistungen einreichst, kann das rechtliche Konsequenzen für Dich haben.
Wenn Du ein Arbeitszeugnis bekommst, das Dir nicht gerecht wird, hast Du das Recht, eine Korrektur zu verlangen. Zunächst solltest Du das Gespräch mit dem Arbeitgeber suchen. Bringt das keine Einigung, kannst Du einen Fachanwalt einschalten. In vielen Fällen lassen sich Änderungen auch außergerichtlich durchsetzen. Achte dabei auch auf das Ausstellungsdatum: Bei spät ausgestellten Zeugnissen kann ein aktuelles Datum Zweifel aufwerfen, ob es Streit gab. Bestehst Du frühzeitig auf Dein Zeugnis, vermeidest Du solche Signale.
Viele Arbeitgeber schätzen es, wenn Du einen Entwurf selbst mitbringst. Das spart Zeit und bietet Dir die Chance, Deine Leistungen ins rechte Licht zu rücken. Wichtig: Bleibe realistisch und hol Dir Unterstützung – etwa durch einen Zeugnis-Coach oder Personaler, der Deine Formulierungen auf versteckte Schwächen prüfen kann. Das finale Zeugnis muss vom Arbeitgeber unterschrieben und auf offiziellem Papier ausgestellt werden.
Ob wohlwollend gemeint oder zwischen den Zeilen versteckt: Arbeitszeugnisse tragen viel mehr Bedeutung in sich als auf den ersten Blick erkennbar. Wer die Codes kennt, kann sich besser präsentieren – und gezielter auf Probleme reagieren. Prüfe Dein Zeugnis immer sorgfältig, vergleiche es mit üblicher Zeugnissprache und hole Dir im Zweifel professionelle Hilfe. Denn ein gutes Zeugnis öffnet Türen – ein schlecht codiertes kann sie unbemerkt verschließen.
Tipp: Um solche Konflikte zu vermeiden, kannst Du den Arbeitgeber nach der Möglichkeit fragen, das Arbeitszeugnis selbst zu schreiben. Das ist durchaus üblich, denn so spart sich der Arbeitgeber die Mühe und anschließende Unstimmigkeiten. Umso wichtiger ist es dann aber, dass Du auf die richtigen Formulierungen achtest und einen Experten hinzuziehst. Gültig ist das Arbeitszeugnis zudem nur, wenn es schlussendlich vom Arbeitgeber unterschrieben sowie abgestempelt wird. Deine Arbeitsleistung zwar bestmöglich, aber realistisch einzuschätzen, ist daher auch in diesem Fall unabdingbar.
Zuletzt aktualisiert am: 17.05.2025