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Auf den ersten Blick klingt jedes Arbeitszeugnis positiv. Wer jedoch genauer hinsieht, erkennt die Feinheiten, die ein gutes von einem schlechten Zeugnis unterscheiden. Folgendes ABC der Zeugnissprache hilft Dir, Dein Arbeitszeugnis richtig zu verstehen beziehungsweise selbst zu formulieren.
Mit dem Ende eines Arbeitsverhältnisses hast Du Anspruch auf ein qualifiziertes Arbeitszeugnis. Manchmal ist es außerdem sinnvoll, ein Zwischenzeugnis zu beantragen. Prinzipiell müssen diese Zeugnisse durch den Arbeitgeber verfasst werden. In einigen Fällen hast Du jedoch die Möglichkeit, einen Entwurf selbst aufzusetzen und durch Deinen Chef abnehmen zu lassen. So oder so ist es wichtig, die Zeugnissprache zu kennen und zu verstehen. Denn so kannst Du sicherstellen, dass es sich um ein gutes Arbeitszeugnis handelt, und dieses gegebenenfalls noch ändern lassen, bevor es zu spät ist. Denn selbst, wenn das Zeugnis für Dich löblich klingt, können doch einige Kritikpunkte enthalten sein und jeder Personaler erkennt diese sofort. Schlimmstenfalls wird es dann zum Hindernis in zukünftigen Bewerbungsprozessen. Worauf also solltest Du achten?
Hast Du zur vollen Zufriedenheit oder zur vollsten Zufriedenheit gearbeitet? Wurde „stets“ hinzugefügt? Es sind solche Kleinigkeiten, die den Lesern bei einem Arbeitszeugnis verraten, wie zufrieden Dein Arbeitgeber wirklich mit Dir ist. Was gut klingt, kann in diesem Fall eigentlich sogar eine schlechte Bewertung sein, wenn eben die wichtigen Details fehlen. Deshalb kommt hier ein kleines ABC, wie die Formulierungen beispielhaft aussehen können – verglichen mit den in Deutschland gängigen Schulnoten:
In einem Arbeitszeugnis wird niemals offene Kritik geübt, schließlich darf es Dich nicht benachteiligen. Formulierungen, wie „Er/Sie hat sich bemüht“ oder „Er/Sie entsprach im Allgemeinen den Anforderungen“, klingen daher zwar positiv, sagen aber eigentlich aus, dass Du mit Deinen Leistungen nicht beeindruckt hast. Analysiere daher die einzelnen Sätze und frage Dich, ob dort unterschwellige Kritik mitschwingt. Auch eine kurze Internetrecherche verrät Dir, wie gut einzelne Formulierungen tatsächlich sind. Unter die Note „mangelhaft“ fallen demnach folgende Beispiele: „Er/Sie war um Zuverlässigkeit bemüht“, „Er/Sie erledigte die Arbeit termingerecht“ oder „Er/Sie hatte den Willen, mit Sorgfalt zu arbeiten“. Auch Begriffe wie „allgemein“, weitestgehend“ oder „nach Anleitung“ deuten auf eine schlechte Note im Arbeitszeugnis hin.
Weist das Zeugnis keine indirekte Kritik auf, so ist es bereits eine Note besser – an Lob fehlt es in diesem Fall aber immer noch. Die Formulierungen sind schnörkellos und zeigen keine Begeisterung, obwohl sie erneut positiv klingen. Typische Beispiele sind „Er/Sie hat die Erwartungen erfüllt“ oder „Er/Sie hat alle ihm/ihr aufgetragenen Aufgaben erledigt“. Manchmal sind es daher nicht die enthaltenen, sondern die fehlenden Details, die eine schlechte Note im Arbeitszeugnis verraten.
Bei einer mittelmäßigen Bewertung ist zumindest schon das eine oder andere Lob zu erkennen. Überschwänglich fällt dieses jedoch nicht aus. Es überwiegen positive Begriffe wie „zufriedenstellend“, „zuverlässig“, „solide“ oder „gewissenhaft“. Deine Leistungen werden beispielsweise als einwandfrei oder vorbildlich beschrieben und vielleicht findest Du auch schon die eine oder andere Steigerung wie „jederzeit“ oder „in jeder Hinsicht“. Typische Sätze, die auf eine befriedigende Schulnote hinweisen, lauten: „Er/Sie erfüllte in jeder Hinsicht unsere Erwartungen“ oder „Er/Sie hat alle ihm übertragenen Aufgaben zufriedenstellend erledigt“.
Ein gutes Arbeitszeugnis ist zwar nicht optimal, aber zumindest auch kein großes Hindernis mehr für Deine Bewerbung. Seine Wortwahl ähnelt jener der Schulnote „befriedigend“, allerdings werden bereits Steigerungsstufen genutzt. Du hast also beispielsweise nicht nur „zur Zufriedenheit“ gearbeitet, sondern „zur vollen Zufriedenheit“. Deine Arbeitsqualität war nicht nur gut, sondern „überdurchschnittlich“. Auch „stets“ ist ein wichtiges Stichwort in jedem Arbeitszeugnis und deutet auf eine insgesamt gute Bewertung hin. Einige Beispiele für beliebte Formulierungen sind: „Er/Sie hat die Arbeit in jeder Hinsicht zufriedenstellend und stets einwandfrei erledigt“ oder „Seine/Ihre Arbeitsqualität war von überdurchschnittlicher Qualität und Eigeninitiative geprägt“. Auch hierbei handelt es sich natürlich nur um einige von vielen Beispielen.
Bleibt die Frage offen, wie ein bestmögliches Arbeitszeugnis aussieht? Schließlich klangen die bisherigen Formulierungen bereits optimal. Doch ein „sehr gutes“ Arbeitszeugnis lässt sich an Superlativen erkennen, die über die bisherigen Formulierungen noch hinausgehen. Wenn Du „stets zur vollsten Zufriedenheit“ oder mit „absoluter Genauigkeit“ gearbeitet hast, kannst Du Dich über Dein Arbeitszeugnis freuen. Weitere wichtige Stichworte sind „außerordentlich“, „allerbeste“, „in höchstem Maße“ oder „hervorragend“. Ein wirklich gutes Arbeitszeugnis klingt also nicht nur gut, sondern lobt Dich in den höchsten Tönen und nutzt die maximal möglichen Steigerungen. Auch hierfür einige Beispiele: „Er/Sie verfügt über eine hervorragende Teamfähigkeit“ oder „Er/Sie konnte sich in allerbester Weise und stets zu unserer vollsten Zufriedenheit in das Unternehmen einbringen“.
Auch, wenn der Inhalt in jedem Arbeitszeugnis unterschiedlich ist und die Formulierungen somit abweichen können, weißt Du nun doch, worauf Du wirklich achten musst, um ein gutes von einem schlechten Zeugnis zu unterscheiden. Es sind also die kleinen Details und die großen Superlative, die hierbei relevant sind. Wichtig ist demnach, Dein Arbeitszeugnis nach Erhalt ausgiebig zu prüfen beziehungsweise überprüfen zu lassen und die einzelnen Formulierungen mit Hilfe einer Internetrecherche wirklich zu verstehen. Denn dann kannst Du noch eine Zeugnisänderung einfordern, sofern die Frist nicht abgelaufen ist und es einen guten Grund gibt, weshalb Du eine bessere Bewertung verdient hast.
Veröffentlicht
03.10.2023